Erfahrene Traumatherapeutinnen- und therapeuten widmen sich individuell Ihnen und Ihrer persönlichen Erfahrung und auch Ihrer aktuellen Belastungsgrenze. Traumafolgestörungen müssen sensibel und behutsam behandelt werden.
Traumafolgestörungen haben viele Gesichter. Für Betroffene ist eine normale und unbeschwerte Lebensführung kaum noch möglich. Neben den typischen Symptomen wie Wiedererleben (Intrusionen), Übererregung und Vermeidung, können ebenfalls Persönlichkeitsveränderungen, Depressionen oder eine völlige Distanzierung von den eigenen Gefühlen auftreten.
Manchmal reicht eine ambulante Betreuung nicht mehr aus. Die Wunden sitzen zu tief. Die Flut an Reizen im Alltag stellt eine Überforderung dar, die zu totalem Rückzug führt oder die traumatische Erfahrung ständig reaktiviert. Eine Besserung im gewohnten Umfeld kann aufgrund verschiedener Faktoren schlichtweg nicht eintreten. Hier ist es ratsam eine stationäre Traumatherapie in Erwägung zu ziehen.
Phasen der Traumatherapie
Keine Therapie der Welt kann das erlebte Trauma ungeschehen machen. Vielmehr geht es darum, die Symptome zu reduzieren, von den Erinnerungen nicht mehr überwältigt zu werden und sie als abgeschlossenes Erlebnis in der eigenen Biografie wahrzunehmen. In der Regel wird die Behandlung von Traumata in verschiedene Phasen unterteilt:
- Stabilisierung: Bevor sich Betroffene im Rahmen der Therapie mit den traumatischen Erinnerungen konfrontiert sehen, muss sich der aktuelle Zustand insoweit stabilisieren, sodass eine Konfrontation nicht zu einer Retraumatisierung führt oder das Vertrauen in den Therapeuten / die Therapeutin verloren geht. Je nach aktuellem Zustand und der individuellen Belastungsgrenze dauert diese Phase unterschiedlich lang. Hier kommen u.a. Übungen zur Emotionsregulation und solche zur Ressourcenaktivierung zum Einsatz.
- Konfrontation/Exposition: Gemeinsam mit einer Traumatherapeutin oder einem Traumatherapeuten stellen sich Betroffene den schmerzhaften Erinnerungen. Auch der Zeitpunkt dafür wird gemeinsam bestimmt, hier wird niemand „ins kalte Wasser“ geworfen.
- Integration: Die Erfahrungen werden in die eigene Biografie integriert. Die traumatischen Erinnerungen tauchen häufig aus dem Nichts auf, wirken unkontrollierbar und haben eine starke „Hier und Jetzt“ – Qualität. Das Trauma wird sozusagen erneut durchlebt, denn in dem Moment, in dem die Erinnerung daran auftaucht, fühlt es sich so an, als würde das Ereignis in der Gegenwart stattfinden. Ziel ist es, sie als abgeschlossen betrachten zu können; also als Teil der Vergangenheit.
Konfrontation
Bei einer in-sensu-Konfrontation stellen sich Patient:innen den traumatischen Erinnerungen in ihrer Vorstellung. Dabei sollen sie möglichst detailliert vorgehen und auch aktuelle emotionale Zustände beschreiben. Meistens wird zuvor eine Hierarchie mit gefürchteten Situationen erstellt, die nach und nach durchgegangen werden. Sitzungen dieser Art werden mehrfach wiederholt. Es ist wichtig, dass die Sitzung erst beendet wird, wenn die Angst der Person wieder abgeklungen ist.
Bei einer in-vivo-Konfrontation geht es nicht darum, das traumatische Erlebnis möglichst realitätsgetreu nachzustellen! Der Fokus liegt hier auf Situationen und Orten, die aufgrund der Belastung gemieden werden, weil sie mit dem Trauma in Verbindung stehen (z.B. Verkehrsmittel, Dunkelheit usw.).
NET & IRRT
Bei der Narrative Exposure Therapy (NET) halten Betroffene von Traumafolgestörungen das Erlebte schriftlich fest, indem sie es in die Geschichte ihrer Biografie einbetten. Die Patientinnen und Patienten haben oft große Schwierigkeiten, das Trauma als Teil der eigenen Lebensgeschichte zu sehen. Die Erzählung bindet den durchtrennten roten Faden wieder zusammen. Auch hier werden Betroffene dazu angeleitet, Gefühle und Gedanken zu dokumentieren.
Bei der Imagery Rescription Therapy (IRRT), die häufig bei Traumatisierungen in der Kindheit zum Einsatz kommt, werden Betroffene dazu angeleitet, sich Bilder vorzustellen, die sie besänftigen und die sie zu einer Bewältigung der Situation befähigen. Während der in-sensu Konfrontation kommen diese zum Einsatz und die Person lernt, sich selbst zu beruhigen.
EMDR
Dieses Verfahren („Eye movement desensitization and reprocessing“) ist speziell für die Behandlung von Traumata entwickelt worden und kommt sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Traumatherapie zum Einsatz. Die Patient:innen konfrontieren sich hier ebenfalls mit ihren schmerzlichen Erinnerungen und nehmen dabei alle auftauchenden Gedanken und Gefühle wahr.
Gleichzeitig bewegt der Therapeut oder die Therapeutin zügig einen Finger vor den Augen der Betroffenen hin und her, dem sie nach Möglichkeit folgen sollen. Die Idee dahinter ist, dass das traumatische Erlebnis in der Vorstellung durch die Zweitaufgabe (Folgen des Fingers) „sanfter“ verarbeitet wird. Die Methode gilt als sehr wirksam, die genauen Mechanismen dahinter werden jedoch noch erforscht.
Kognitive Therapie
Die kognitive Therapie setzt vor allem an den aufrechterhaltenden Faktoren der Traumafolgestörung an. Dazu gehören zum Beispiel blockierende Kognitionen in Bezug auf das Trauma wie: „Ich bin es selbst schuld“, „Ich kann niemandem mehr vertrauen“ oder „Hätte ich besser aufgepasst…“. Dabei wird gemeinsam erarbeitet, welche Erinnerungen mit welchen Kognitionen behaftet sind, die dann wiederum modifiziert und umstrukturiert werden können. Zudem werden Verhaltens- und Denkmuster identifiziert, die sich im Laufe der Zeit meist als Schutzstrategie angesammelt haben.
Langfristig stehen sie jedoch der Bearbeitung des Traumas im Wege. Dazu gehören beispielsweise die Unterdrückung von Gefühlen und Gedanken, aber auch die Vermeidung bestimmter Reize oder das Ausführen von bestimmten (Kontroll)handlungen (z.B. nach einem Autounfall ständig die Bremsen kontrollieren lassen).
Das Hauptaugenmerk bei der Behandlung von Traumata liegt auf dem Einsatz der Psychotherapie, in der die zuvor genannten Methoden Anwendung finden. Daneben bieten gerade Kliniken weitere zahlreiche Angebote, die die Bewältigung der Traumafolgestörung unterstützen. Sie helfen den Patientinnen und Patienten dabei, ein Gefühl für den eigenen Körper zurückzubekommen, Stress abzubauen, zu entspannen, sich kreativ auszuleben und möglicherweise alte und neue Interessen zu entdecken:
- Entspannungs- und Achtsamkeitstherapie
- Sport- und Physiotherapie
- Kreativ- und Kunsttherapie
- Bei Bedarf medikamentöse Behandlung
Speziell und doch individuell
Auch wenn gerade die traumafokussierten therapeutischen Methoden bei den meisten Traumafolgestörungen zum Einsatz kommen, bedeutet dies nicht, dass sie nicht individuell auf Ihre Geschichte und gegenwärtige Belastungsgrenze zugeschnitten werden. Hier findet nichts ohne Ihr Wissen, geschweige denn gegen Ihre Zustimmung statt.
Viele schrecken vor der Bearbeitung ihrer traumatischen Erfahrung zurück, aus Sorge, die stationäre Traumatherapie bestünde einzig und allein und vor allen Dingen von Beginn an aus der Konfrontation mit den schmerzhaften Erinnerungen. Dem ist nicht so!
Betroffene profitieren bei einer stationären Traumatherapie besonders von dem schrittweisen Vorgehen in einem vertrauensvollen Setting. Sie werden an die Hand genommen und lernen nach und nach, wieder eigene Wege zu gehen.