Ohne Schmerz wären wir nicht lebensfähig. So werden bereits im Säuglingsalter Reflexe aktiviert, die uns vor potenziellen Gefahren schützen. Er besitzt also eine Warnfunktion.
Ganz allgemein werden unter psychosomatischen Beschwerden solche zusammengefasst, für die keine rein körperliche Ursache gefunden werden kann. Typisch sind Verdauungsbeschwerden, Herz-Kreislauf-Probleme, allgemeine Erschöpfung und Müdigkeit oder eben Schmerzen in den verschiedensten Körperregionen:
- Kopfschmerzen bis hin zu Migräne
- Bauchschmerzen
- Gelenk- und Muskelschmerzen
- Nacken- und Rückenschmerzen
Die Qualität der Schmerzen reicht von dumpf über drückend bis hin zu ziehend oder brennend. Schlagen sich Betroffene schon Wochen oder Monate mit wiederkehrenden Schmerzen herum, haben sie oft einen Marathon an Arztbesuchen hinter sich.
Eine Symptomreduktion durch Medikamente schafft nur kurzfristig Erleichterung, bis die verzweifelte Suche nach einer Ursache weitergeht. Bei anhaltenden Schmerzen über 6 Monate spricht man von chronischen Schmerzen.
Psychosomatik, ist das nicht esoterisch?
„Vielleicht sind deine Schmerzen ja psychisch bedingt.“ Für einige Menschen ist der Gedanke, ihren Symptomen könnten seelische Probleme zugrunde liegen, noch immer befremdlich. Dabei lässt sich das komplexe Wechselspiel zwischen Körper und Psyche an vielen, alltäglichen Situationen verdeutlichen.
Etwas kann uns im wahrsten Sinne des Wortes auf den Magen schlagen oder den Appetit verderben, Kopfzerbrechen bereiten oder die Kehle zuschnüren. Andersherum gilt dasselbe. Schwere oder wiederkehrende körperliche Erkrankungen und Schmerzen gehen oft mit einem psychischen Leidensdruck einher, da die Beschwerden Betroffene in ihrem Leben stark einschränken.
Kein „entweder – oder“ bei psychosomatischen Schmerzen
Verständlicherweise wünschen sich Menschen, die sich schon lange mit wiederkehrenden Schmerzen herumschlagen, eine konkrete Antwort auf die Frage, was es denn nun mit den Symptomen auf sich hat. Der Ansatz der Psychosomatik ist es, den Menschen in seiner Ganzheitlichkeit zu erfassen, mit all seinen individuellen Lebensumständen, seiner Persönlichkeit und seiner Biografie. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Psychosomatik nicht davon ausgeht, die Schmerzen seien eingebildet. Es wird sich lediglich von der Vorstellung gelöst, den Symptomen liegen ausschließlich organische Ursachen zugrunde.
Die Schmerzen als freundlichen Hinweis zu sehen, der auf verdrängte Gefühle aufmerksam machen möchte, erweitert den Blickwinkel, um nach tieferliegenden Ursachen zu schauen.
Körperliche Erkrankung
Bei psychosomatischen Schmerzen können die Symptome erstmalig mit einer körperlichen Erkrankung oder Verletzung einhergegangen sein. Beispielsweise sind rheumatische und neurologische Erkrankungen, Krebs und Bandscheibenvorfälle häufig mit starken Schmerzen verbunden.
Die Psychosomatik nimmt diese Schmerzen dann in den Blick, wenn der wahrgenommene Schmerz nicht mehr ausschließlich durch die vorangegangene oder bestehende körperliche Krankheit erklärbar ist. Akute Schmerzen, also solche, die mit einem auslösenden Reiz in Verbindung gebracht werden, haben sich möglicherweise chronifiziert.
Psychische Belastungen
Wenn wir gestresst sind, spannt sich der gesamte Körper an. Eine dauerhafte Anspannung steht mit zahlreichen gesundheitlichen Einschränkungen in Zusammenhang: Herz-Kreislauf-Probleme, Übergewicht, Schlafstörungen, ein geschwächtes Immunsystem und vieles mehr. Der Körper ist durch das überbeanspruchte vegetative Nervensystem noch verwundbarer und anfälliger für Missempfindungen.
Die Gründe für Stress und Anspannung sind vielfältig. Konflikte im beruflichen oder privaten Kontext und auch psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen treten in der Psychosomatik häufig gemeinsam mit Bauch- und Kopfschmerzen, aber auch mit undefinierbaren Schmerzen auf.
Subjektive Wahrnehmung
Nehmen wir bestimmte Schmerzen regelmäßig wahr, erhöht sich unsere Aufmerksam nach und nach dafür. Der Körper wird ständig nach Symptomen abgesucht. Es ist so gut wie unausweichlich, dass sich daraufhin bestimmte Gedanken verfestigen: „Ich werde meine Schmerzen niemals los“ oder „Niemand kann mir helfen“ verdeutlichen die Hilflosigkeit und Verzweiflung, mit der sich Betroffene beladen fühlen. Die negativen Überzeugungen und das Katastrophisieren schlagen auf die Stimmung, was den Leidensdruck noch größer werden lässt und die Symptomatik aufrechterhält.
Vermeidungsverhalten
Aus Angst, den Körper zusätzlich zu belasten, verfallen viele Betroffene in ein Schonverhalten. Das ist aus zweierlei Sicht problematisch: Bei psychosomatischen Rückenschmerzen verschlimmert sich zum Beispiel die Symptomatik durch einen Abbau der Muskulatur und eine Abnahme der allgemeinen Fitness. Gleichzeitig leidet die soziale Teilhabe, wodurch sich depressive Verstimmungen häufen. Soziale Isolation und Einsamkeit versetzen den Körper erneut in Stress, was die Beschwerden durch vermehrte Anspannung verschlimmert. Dieser Kreislauf verdeutlicht die Wichtigkeit der Herangehensweise der Psychosomatik, die Schmerzen ganzheitlich zu betrachten.
Ob psychosomatische Bauch-, Rücken-, oder Kopfschmerzen – ein multimodaler Ansatz, bei dem unterschiedliche Therapien kombiniert werden, zeigt die größten Behandlungserfolge. Je nach Art der Schmerzen kommen verschiedene körperliche Therapien (Physiotherapie, Kraft- und Ausdauertraining), Entspannungsverfahren und insbesondere Psychotherapie zum Einsatz.
Hier geht es vor allem um die kognitive Schmerzbewältigung, den Abbau von Ängsten und Depressivität, und einen umfangreicheren Blick für die Ursachen der wiederkehrenden oder andauernden Schmerzen. Gerade psychosomatische Kliniken bieten eine gute und nachhaltige Möglichkeit, verschiedene Bausteine zu kombinieren, um einerseits die Symptome zu reduzieren und andererseits neue Ressourcen und Bewältigungsmöglichkeiten zu aktivieren.