Alleine einsam, gemeinsam einsam
Einsamkeit hat nicht zwangsläufig etwas mit Alleinsein zu tun. Wir können uns auch umgeben von Menschen einsam fühlen und andererseits alleine sein, ohne uns einsam zu fühlen.
Einsamkeitsgefühle können zu verschiedenen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Lebenssituationen auftreten. Sich nicht zugehörig und ausgegrenzt fühlen, eine misslungene Integration in eine neue Gruppe oder soziale Isolation sind oft Anlässe, sich einsam zu fühlen. Weitere Gründe können sein:
- Alter: Klassische Ehe- und Familienmodelle weichen auf und es gibt auch im Alter immer mehr Single-Haushalte. Trennung oder der Tod des Partners oder der Partnerin können der Grund sein. Außerdem lässt durch natürliche Prozesse und Krankheiten die Mobilität nach, wodurch Kontakte immer schwieriger aufrechtzuerhalten sind und ältere Menschen unter der Isolation leiden.
- Mediatisierung: Zwar ermöglicht die Digitalisierung eine Vernetzung über große Entfernungen hinweg, der Einfluss sozialer Medien wirkt sich aber insbesondere auf junge Menschen negativ aus. Es findet weniger Austausch in der „echten“ Welt statt, zudem sorgen die dort vorgelebten Ideale und Normvorstellungen für Perfektionsdruck, Zweifel und Unzufriedenheit, was eine Depression und ein Gefühl der Einsamkeit erheblich begünstigen kann.
- Änderung äußerer Lebensumstände: Ein Umzug, Jobwechsel, der Start an der Universität oder auch die Trennung von Bezugspersonen bedeuteten psychisch einen Bruch der gewohnten Strukturen, wodurch Einsamkeitsgefühle hervorgerufen werden können.
Wiederum gibt es Menschen, die sich ganz bewusst zurückziehen und das Alleinsein genießen. Klar ist aber: Auf Dauer schadet uns ein zu geringes Maß an Interaktion mit anderen Menschen, denn es liegt in unserer Natur im Austausch zu sein und uns einer Gemeinschaft anzuschließen.
Im Gegensatz zu sozialer Isolation ist Einsamkeit nicht messbar. Sie resultiert aus der subjektiven Bewertung und dem psychischen Wohlbefinden einer Person. Oft spielt die Unzufriedenheit mit sich selbst oder den aktuellen Lebensumständen eine Rolle. Viele oberflächliche Kontakte zu führen und keine tiefergehenden Verbindungen zu haben oder das Empfinden „aus der Reihe zu tanzen“ und nirgends wirklich dazuzugehören, können mit dem Phänomen einhergehen.
Für Körper und Psyche bedeutet mangelnde soziale Interaktion enormen Stress, wodurch das Immunsystem geschwächt wird und das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird. Dieser Zustand wird, wenn er über einen zu langen Zeitraum aufrechterhalten wird, mit einer Vielzahl an weiteren Krankheiten wie Bluthochdruck, Übergewicht und Herz-Kreislauferkrankungen sowie erhöhtem Alkohol- und Drogenkonsum in Zusammenhang gebracht. Chronische Einsamkeit stellt somit auch einen Risikofaktor für einen frühzeitigen Tod dar. Neben körperlichen Erkrankungen steht Einsamkeit ebenso in Verbindung mit zahlreichen psychischen Problemen und Leiden wie einer Depression oder Schlafstörungen.
Einsamkeit stellt ein zentrales Anzeichen einer Depression dar. Betroffene einer depressiven Erkrankung isolieren sich und je nach Schwere der depressiven Symptome können sie kaum noch am alltäglichen Leben teilnehmen. Nicht selten gehen sie weder ihrem Beruf noch Freizeitaktivitäten nach, wodurch viele soziale Kontakte wegfallen. Selbstzweifell, Gefühle der Wertlosigkeit und Ängste halten Betroffene zusätzlich davon ab, die Beziehungen zur Außenwelt aufrechtzuerhalten, weil sie den Eindruck haben, ihre Anwesenheit würde keine Bereicherung mehr im Leben der anderen sein. Eine Depression kann also Gefühle der Einsamkeit nach sich ziehen. Doch wie sieht es umgekehrt aus?
Soziale Beziehungen als Puffer für psychische Leiden
Isoliert zu leben und nur wenige (enge) Freunde zu haben, stellt einen Risikofaktor für verschiedene psychische Erkrankungen dar, so auch für Depressionen. Gerade das letzte Jahr hat durch die Maßnahmen, insbesondere die Kontaktbeschränkungen, verdeutlicht, wie essenziell menschliche Beziehungen für unser Wohlbefinden sind. Die psychische Gesundheit hat sich im Laufe der Corona-Pandemie allgemein verschlechtert und die Zahl an depressiven Episoden hat in verschiedenen Altersgruppen zugenommen.
Mangelnde soziale Teilhabe und Einsamkeit können eine Depression also begünstigen. Zudem konnte in Studien gezeigt werden, dass Menschen, die über ein besseres soziales Netzwerk verfügen und mehr soziale Unterstützung erfahren, weniger einsam und somit besser geschützt vor der Entwicklung psychischer Erkrankungen sind.
Hobbys
Ob etwas Kreatives oder Sportliches, vielleicht können Sie auch eine vernachlässigte Aktivität wieder aufleben lassen: Suchen Sie sich eine Beschäftigung! Dabei geht es nicht darum, etwas Bestimmtes zu erreichen. Vielmehr sollte die Tätigkeit an sich Freude bereiten und Ihnen eine gewisse Selbstwirksamkeit vermitteln.
Ausflüge
Wenn Sie Angst davor haben, direkt auf Menschen zuzugehen oder sich einer Gruppe anzuschließen, genügt es für den Anfang vielleicht schon, sich einfach in die Nähe von anderen Menschen zu begeben. Setzen Sie sich zum Beispiel in den Park oder ein Café, um eine Umgebung zu schaffen, in der andere Menschen sind, Sie aber nicht vollkommen überflutet werden. Wer weiß, möglicherweise ergibt sich ja ein nettes Gespräch.
Austausch
Hier könnten die Vorteile sozialer Medien genutzt werden. Zum einen finden sich eine Reihe an Informationen über Freizeitangebote in Ihrer Nähe (Chor, Sport, etwas Künstlerisches, Selbsthilfegruppen etc.), zum anderen können Sie mit anderen Menschen in Kontakt treten, die sich vielleicht in einer ähnlichen Lage befinden. Das Gefühl, mit seiner seelischen Krise nicht alleine zu sein und über seine Empfindungen zu sprechen, kann der erste Schritt in die richtige Richtung sein.
Physischer Kontakt
Achtung: Verlagern sich alle Kontakte zur Außenwelt nur noch auf das Internet, kann das die Einsamkeitsgefühle verstärken. Zur Orientierung und das erste Kennenlernen bieten Netzwerke eine prima Gelegenheit, die echte, physische Anwesenheit anderer Menschen kann damit jedoch niemals ersetzt werden!
Vermutlich kennen mehr Menschen das Gefühl von Einsamkeit auch in Verbindung mit einer Depression als Sie glauben. Umso wichtiger ist es, dass Sie auf sich achten und rechtzeitig aktiv werden. Gerade während der Corona-Pandemie kann es eine große Erleichterung sein, seine Gedanken und Gefühle der psychischen Belastung mit anderen Menschen zu teilen.