Einen Hinweis darauf gibt etwa das Geschlechterparadox bei Depression und Suizid. „Die Suizidrate der Männer ist mindestens dreimal höher als die der Frauen“, so Prof. Anne Maria Möller-Leimkühler von der Ludwig-Maximilians-Universität München.
„Aus Autopsiestudien weiß man aber, dass die meisten Suizidopfer an einer Depression gelitten haben.“ Reden Männer zu wenig? Sind sie lieber „Macher“? „Männer haben tatsächlich im Durchschnitt einen schlechteren Zugang zur eigenen Innenwellt“, sagt Björn Süfke. Zu Sehnsüchten, Impulsen, Ängsten. Was natürlich nicht heißt, dass sie weniger Gefühle hätten – sie können oder mögen sie nur nicht verbalisieren. Hinzu kommt: „Auch heute wird es vielen Männern von klein auf – meist unbewusst – ausgetrieben, Gefühle zu zeigen“, so Süfke.
Nach seiner Ansicht wird es noch Jahrzehnte dauern, bis sich die Rolle des Mannes in unserer Gesellschaft hinsichtlich des Umgangs mit seinen Gefühlen geändert hat. Bei Männern geht es um Leistung, Wettbewerb, Macht und Dominanz. Sie meinen, es gäbe nur Kampf oder Flucht – und Flucht bedeutet nicht selten Schweigen, Abwehr und Vermeidung. Und die Flucht in Alkohol, Arbeit, Sport oder Sex. Oft mit fatalen Folgen. Wahre Stärke ist aber auch, eigene Grenzen zu erkennen und zu handeln – nicht flucht- und reflexartig, sondern überlegt und bedacht. Das ist dann wahre Stärke.