Psychotherapie ... was ist das eigentlich? Wir erklären die Begrifflichkeiten, Methoden und Verfahren genauer!
Was ist Psychotherapie?
Seelenmedizin & die Kraft der Worte

Werden wir von Grippeviren heimgesucht, plagt uns die Mandelentzündung oder hindert uns ein gebrochenes Bein im wahrsten Sinne des Wortes daran, auch nur einen Schritt vorwärtszukommen, ist es klar, wo uns der Weg hinführt: zu einem Arzt oder einer Ärztin. Diese sind dann, je nach Beschwerden, auf einen bestimmten Bereich spezialisiert. Doch was tun, wenn unser Innenleben aus der Balance gerät?

 

So wie wir uns bei körperlichen Erkrankungen vertrauensvoll in die Hände eines Arztes oder einer Ärztin begeben, ist die Psychotherapie die Behandlungsmethode der Wahl aller psychischen Erkrankungen und seelischen Konflikte, die das psychische Wohlbefinden stören. Doch was genau ist eine Psychotherapie? Gibt es unterschiedliche Verfahren und Methoden? Dieser Artikel führt Sie in das Thema Psychotherapie ein, bringt Klarheit in die Begrifflichkeiten und nimmt Ihnen vielleicht ein paar Bedenken.

Was ist Psychotherapie? Wir geben Antworten auf die Frage und schaffen Klarheit im Psychotherapie-Dschungel.
Der Mensch als Ganzes

So wie sich psychische Störungen auf das Denken, Fühlen und Verhalten von Menschen auswirken, beziehen auch psychotherapeutische Methoden die unterschiedlichen Komponenten menschlichen Erlebens mit ein. Psychotherapie kann zudem auch in interdisziplinären Settings, beispielsweise in Kliniken, stattfinden.

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Psycho…was?

Psychologie, Psychotherapie, Psychiatrie; Die Begriffe klingen ähnlich, haben streckenweise auch etwas miteinander zu tun, werden jedoch manchmal im alltäglichen Sprachgebrauch fälschlicherweise als Äquivalente verwendet.

Wenn Sie sich nach Hilfe bei Ihren seelischen Problemen umschauen, stoßen Sie vermutlich auf unterschiedliche Berufsbezeichnungen. Vorab also ein kurzer Überblick:

  • Psychologe/Psychologin: Psychologiestudium mit Diplom- oder Masterabschluss; dürfen klinischen Tätigkeiten (z.B. Diagnostik) ausführen, das Studium ersetzt jedoch nicht die therapeutische Ausbildung
  • PsychotherapeutIn: Drei-bis fünfjährige psychotherapeutische Ausbildung im Anschluss an das Psychologiestudium (Psychologische PsychotherapeutInnen) oder Medizinstudium (Ärztliche PsychotherapeutInnen); sind somit befähigt, nach erfolgreichem Abschluss (Approbation) eigenständige psychotherapeutische Behandlungen durchzuführen
  • Psychiater/Psychiaterin: Medizinstudium mit Spezialisierung auf seelische Erkrankungen im Fachbereich Psychiatrie; Auch sie können eine psychotherapeutische Ausbildung absolvieren und zusätzlich Medikamente verschreiben
 

Wann sollte ich mir Hilfe holen?

Die Hürde, sich in psychotherapeutische Behandlung zu begeben, scheint immer noch hoch. Häufig schleicht sich der Gedanke ein, der Leidensdruck sei noch nicht groß genug und anderen Menschen würde es viel schlimmer gehen. Doch ebenso wie ein Arzt oder eine Ärztin nicht nur lebensbedrohliche Erkrankungen wie Krebs oder Lungenentzündungen, sondern auch einen einfachen Schnupfen behandelt, hat jede und jeder das Recht, sich aufgrund der individuellen seelischen Problematik Hilfe in Form von Psychotherapie zu holen.

Der subjektive Leidensdruck ist auch im Rahmen der Diagnostik ein entscheidendes Kriterium für den Beginn einer Behandlung. Es gehört zum Beruf geschulter PsychotherapeutInnen, dass diese sich Zeit für ausführliche Anamnesegespräche nehmen und Ihnen offen und unvoreingenommen begegnen. Wann immer Sie den Eindruck haben, Ihre Probleme nicht mehr eigenständig lösen zu können, dürfen Sie sich selbstverständlich Unterstützung holen!

Psychotherapie, was ist das?

In einer Psychotherapie erwarten Sie keine Räucherstäbchen oder Zauberkugeln und natürlich werden Ihre Gedanken nicht ferngesteuert oder gar manipuliert. Sie ist vielmehr ein geplanter interaktiver Prozess zwischen KlientIn und TherapeutIn. Basis ist die vertrauensvolle Beziehung zueinander, die einen zentralen Punkt für den Behandlungserfolg darstellt.

In den therapeutischen Sitzungen wird im Regelfall verbal kommuniziert und TherapeutInnen wenden unterschiedliche Techniken (gezielte Fragen, Validierung, Übungen etc.) zur Symptomreduktion und Ressourcenaktivierung an. Oberstes Ziel ist somit eine verbesserte Lebensqualität durch neue innere Stärke und eine Reduktion Ihres Leidensdrucks. Die (freiwillige) Mitarbeit sowie das Formulieren individueller kurz- und langfristiger Ziele seitens der PatientInnen ist ebenfalls ein fester Bestandteil der Therapie.

Verfahren in der Psychotherapie

Verhaltenstherapie

Die (kognitive) Verhaltenstherapie (VT) gehört zu den vier der hier angeführten anerkannten psychotherapeutischen Verfahren in Deutschland. Das bedeutet u.a., dass die Kosten für die Therapie von einer Krankenkasse übernommen werden. Die VT geht davon aus, dass Verhalten erlernt und wieder verlernt werden kann und dass es ein enges Zusammenspiel aus Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen gibt, sowohl bei der Entstehung als auch bei der Aufrechterhaltung einer Störung.

PatientInnen lernen beispielsweise, Situationen neu zu bewerten, Gedanken umzustrukturieren und zu modifizieren und hinderliche Überzeugungen zu hinterfragen. Eine Kurzzeittherapie umfasst 25 Sitzungen á 50 Minuten. Bei Bedarf kann anschließend eine Langzeittherapie beantragt werden.

Analytische Psychotherapie

Die analytische Therapie fußt auf der Psychoanalyse nach Sigmund Freud. Sie verläuft meist über mehrere Jahre und bei dieser Therapieform wird der Blick vermehrt auf unbewusste Prozesse und frühe Kindheitserfahrungen gelenkt. Problematische Erfahrungen aus der Vergangenheit werden als Kernpunkt für die Entstehung psychischer Erkrankungen angesehen.

Konflikte sollen durch Gespräche aufgedeckt und verarbeitet werden. Der Therapeut oder die Therapeutin dient unter anderem als Projektionsfläche, wodurch dysfunktionale Beziehungsmuster zum Vorschein kommen können.

Tiefenpsychologie

Auch die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie ist eine Weiterentwicklung der Psychoanalyse. Dass PatientInnen in tranceähnlichen Zuständen auf der Couch liegen, ist aber eher die Ausnahme. Auch hier findet ein aktiver Austausch statt und PatientInnen werden dabei unterstützt, eigenständig Lösungen für Ihre Probleme und Konflikte zu finden.

Systemische Therapie

Wie der Name schon sagt, liegt bei der Systemischen Therapie ein besonderes Augenmerk auf dem System (Familie und andere Beziehungen), in dem sich eine Person befindet. Psychische Störungen und andere Konflikte werden also in einem größeren Kontext betrachtet und beziehen sich nicht nur auf innerpersonelle Prozesse des Einzelnen. Sie können beispielsweise Ausdruck von zwischenmenschlichen Spannungen sein.

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Wege zur Psychotherapie

Um eine Psychotherapie zu beginnen, ist nicht zwangsweise eine Überweisung von Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt nötig. Sie können sich ebenfalls eigenständig auf die Suche begeben und beispielsweise bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) nachfragen.

Hier werden Ihnen verschiedene TherapeutInnen in der Nähe vorgeschlagen, mit denen Sie dann einen ersten Termin vereinbaren können. Wenn der Leidensdruck so hoch ist, dass Sie Ihren Alltag nur noch schwer bewerkstelligt bekommen, gibt es die Möglichkeit, sich direkt bei einer Klinik über eine stationäre Therapie zu informieren. 

Was ist die richtige Psychotherapie für mich?

Die Frage nach dem geeigneten Verfahren lässt sich nicht für alle Menschen gleichermaßen beantworten. Wir sind alle individuell mit unserem ganz persönlichen Schicksal und brauchen je nach Erfahrung und Lebenssituation etwas anderes. Fest steht aber: Psychotherapie wirkt!

 

Im Rahmen von Erstgesprächen haben Sie außerdem die Möglichkeit, mehrere TherapeutInnen kennenzulernen und sich über die jeweilige Methode und Vorgehensweise zu informieren. Hier wird dann gemeinsam geschaut, welches Hilfsangebot für Sie in Frage kommt. Wichtig ist, auf das eigene Bauchgefühl zu hören. Manchmal stimmt die Chemie direkt beim ersten Gespräch, bei anderen dauert es ein wenig, bis sie eine Person gefunden haben, der sie sich emotional öffnen können.

Der MeDi-Guide Ratgeber der Blomenburg Privatklinik liefert Antworten auf die Frage "Was ist Psychotherapie?"
Stark und selbstbestimmt

Sich psychotherapeutische Hilfe zu holen bedeutet nicht, dass Sie versagt haben. Um Hilfe zu bitten und sich im Rahmen der Therapie mit sich und seinen Konflikten auseinanderzusetzen, ist alles andere als „schwach“. Sie dürfen stolz auf sich sein, gut auf sich Acht zu geben.

Quelle